Berthold von Wehingen

Berthold von Wehingen auf einem Gemälde im Fürstengang Freising
Wappentafel von Berthold von Wehingen im Fürstengang Freising

Berthold von Wehingen (auch Berthold von Vaihingen, * um 1345 bei Wien; † 1410 ebenda) war Bischof von Freising und kurzzeitig auch Gegen-Erzbischof von Salzburg. Er erlangte vor allem als Kanzler der österreichischen Herzöge große politische Bedeutung.

Biografie

Jugend und frühe Tätigkeit

Berthold von Wehingen aus dem Adelsgeschlecht Wehingen wurde um 1345 bei Wien geboren. Er studierte an den erst wenige Jahre zuvor gegründeten ältesten Universitäten Mitteleuropas, der Karls-Universität Prag (gegr. 1348) und der Universität Wien (gegr. 1365). Den Artistenmagister erlangte er 1373 in Wien. Mit diesem Ausbildungsweg gehörte er zu einer hochgebildeten Elite und war prädestiniert für den Einsatz in verschiedenen leitenden Verwaltungsfunktionen.

Von 1373 bis 1375 bekleidete er das Amt des Rektors der juristischen Universität Prag; in dieser Phase waren die vormaligen Fakultäten für einige Zeit selbstständig. Sein Wirken an dieser Institution fiel damit in die letzten Jahre des „goldenen Zeitalters Prags“, das mit dem Tode von Kaiser Karl IV. (* 1316; † 1378) endet.

Berthold von Wehingen wurde später Dompropst von St. Stephan in Wien.

Berthold als Bischof von Freising

Von 1381 an war er über Jahrzehnte Landesherr der Besitzungen des Bistums Freising: Von 1381 bis 1404 als Bischof von Freising, von 1404 bis 1406 als Administrator und schließlich wieder als Bischof bis zu seinem Tode 1410. Berthold von Wehingen erlangte diese Funktion als Kandidat der Habsburger, denen es von 1377 bis 1443 durchgehend gelang, ihre Parteigänger gegen die Interessen der wittelsbacher Herzöge auf den Freisinger Bischofsstuhl zu bringen.

Berthold als Gegenerzbischof von Salzburg

Von 1404 bis 1406 war Berthold von Wehingen auch Gegenerzbischof von Salzburg. Während die Wahl Eberhards III. von Neuhaus zum "Erwählten Erzbischof" im Erzbistum Salzburg selbst allgemeine Zustimmung fand, war das österreichische Haus Habsburg reserviert, da es als Nachbar Salzburgs an der Vergrößerung seiner Machtbefugnisse sehr interessiert war. Vor allem Herzog Wilhelm war dabei sehr bedacht, im Nachbarland Salzburg einen eignen Vertrauten als Fürsterzbischof zu sehen. Auf Intervention von Herzog Wilhelm verwarf Papst Bonifatius IX. die Wahl des Salzburger Erzbischofs und ernannte den Bischof von Freising, Berthold von Wehingen, zum Erzbischof. Papst Innozenz VII. unterstützte als Nachfolger von Bonifatius ebenfalls Berthold von Wehingen und forderte zudem auch die Bürger von Wien auf, Erzbischof Berthold zu unterstützen. Dagegen wusste sich Eberhard von Neuhaus neben dem Domkapitel und den Salzburger Ständen die Unterstützung der Brüder Herzog Wilhelms, die ihrem ältesten Bruder feindlich gegenüberstanden, zu sichern. Auf Grund der hohen Schulden, die Berthold gegenüber der Kurie hatte, erklärte der Papst aber dann doch Eberhard zum Erzbischof und verwies Berthold zurück in sein Freisinger Bistum. Letztlich verzichtete auch Berthold selbst – gegen Übernahme seiner Schulden durch den Erwählten Salzburger Erzbischof und gegen eine stattliche jährliche Pension – auf seine Position. 1406 wurde darauf Eberhard III. von Neuhaus zum Bischof geweiht und damit auch formell Erzbischof.

Weitere Aufgaben von Berthold

Parallel zu seiner Funktion als Bischof und Landesherr Freisings hatte er von 1381 bis 1410 auch das Amt des Kanzlers der habsburgisch österreichischen Herzöge inne, das in dieser Zeit typischerweise namhaften Persönlichkeiten geistlichen Standes mit juristischer Ausbildung verliehen wurde. Auf diese Weise stand er in den Diensten von Herzog Albrecht III. (mit dem Zopfe) reg. 1365–1395, Herzog Albrecht IV. (der Geduldige) reg. 1395 bis 1404 und Herzog Leopold IV. (der Dicke) reg. 1404 bis 1411.

Sein Wirkungsbereich als Kanzler war das Gebiet des heutigen Wiens, Niederösterreichs und Oberösterreichs. Die damals von den Habsburgern regierten Bereiche waren wesentlich größer und umfassten auch die Steiermark, Krain (heutiges Slowenien), Kärnten, Tirol, Vorarlberg und die (heute schweizerischen) Vorlande. Die Gebiete wurden in den Jahrzehnten seiner Kanzlerschaft meist von mehreren Familienmitgliedern getrennt verwaltet. Insbesondere war er auf Seiten von Herzog Leopold IV. an den teilweise bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen mit dessen Bruder Ernst dem Eisernen beteiligt, die um die Vormundschaft des neunjährigen Albrecht V. nach dem Tode von Herzog Albrecht IV. (1404) entbrennen. Die Situation klärte sich durch das Eingreifen der Landstände erst ein Jahr nach dem Tode Bertholds.

Durch seine beiden Funktionen, als Landesherr der freisingischen Besitzungen in Österreich und der österreichischen Kanzlerschaft gelang es ihm, die freisingischen Gebiete (Teile des heutigen Niederösterreichs) nachhaltig zu fördern: So betrieb er den Ausbau der Verteidigungsanlagen von Waidhofen an der Ybbs, den Ausbau der Burg Ulmerfeld und der Burg bei Hollenburg. Außerdem erreichte er für Enzersdorf, wo er den Bau der Stadtbefestigung Groß-Enzersdorf initiierte, die Erhebung zur Stadt.

Berthold von Wehingen gilt als bedeutender Förderer und Reformator der Universität Wien in der sensiblen Phase zwischen der Gründung der Universität (1365) und der päpstlichen Bewilligung der, für die Universität essentiellen theologischen Fakultät (1384).

Tod und Grabstätte

Berthold von Wehingen starb 1410 in Wien und ist gemeinsam mit seinem Bruder Reinhard in der 1394 errichteten Wehingerkapelle im Kreuzgang des Stiftes Klosterneuburg unter prächtig gearbeiteten Grabsteinen beigesetzt.

Würdigung

In Waidhofen an der Ybbs ist die Berthold von Wehingen-Straße nach ihm benannt.

Literatur

Weblinks

Commons: Berthold von Wehingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
VorgängerAmtNachfolger
Leopold von SturmbergBischof von Freising
1381–1410
Konrad V. von Hebenstreit

Wildgraf Emicho | Gottfried von Hexenagger | Konrad III. der Sendlinger | Johannes I. Wulfing | Konrad IV. von Klingenberg | Johannes II. Hake | Albert II. von Hohenberg | Paul von Jägerndorf | Leopold von Sturmberg | Berthold von Wehingen | Konrad V. von Hebenstreit | Hermann von Cilli | Nikodemus della Scala | Heinrich II. Schlick | Johannes III. Grünwalder | Johann IV. Tulbeck | Sixtus von Tannberg | Ruprecht von der Pfalz | Philipp von der Pfalz | Heinrich III. von der Pfalz | Leo Lösch von Hilkertshausen | Moritz von Sandizell | Ernst von Bayern | Stephan von Seiboldsdorf | Veit Adam von Gepeckh | Albrecht Sigismund von Bayern | Joseph Clemens von Bayern | Johann Franz Eckher von Kapfing und Liechteneck | Johann Theodor von Bayern | Clemens Wenzeslaus von Sachsen | Ludwig Joseph Freiherr von Welden | Maximilian Prokop von Toerring-Jettenbach | Joseph Konrad Freiherr von Schroffenberg

Sedisvakanz (1803–1821): Joseph Jakob von Heckenstaller (Generalvikar und Apostolischer Vikar)
seit 1817 Erzbistum München und Freising

Erzbischöfe von Salzburg (seit 1403)

Erzbischöfe und Fürsterzbischöfe
Eberhard III. von Neuhaus | Berthold von Wehingen (ernannter Gegenerzb.) | Eberhard IV. von Starhemberg | Johann II. von Reisberg | Friedrich IV. Truchsess von Emmerberg | Sigismund I. von Volkersdorf | Burkhard II. von Weißpriach | Bernhard von Rohr | Johann III. Beckenschlager | Christoph Ebran von Wildenberg (letzter gewählter Gegenerzbischof) | Friedrich V. Graf von Schaunberg | Sigmund II. von Hollenegg | Leonhard von Keutschach | Matthäus Lang von Wellenburg | Ernst Herzog von Bayern (Administrator) | Michael von Kuenburg | Johann Jakob Khuen von Belasi | Georg von Kuenburg | Wolf Dietrich von Raitenau | Markus Sittikus Graf von Hohenems | Paris Graf von Lodron | Guidobald Graf von Thun und Hohenstein | Max Gandolf von Kuenburg | Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein | Franz Anton Fürst von Harrach | Leopold Anton Freiherr von Firmian | Jakob Ernst Graf von Liechtenstein-Kastelkorn | Andreas Jakob Graf von Dietrichstein | Sigismund III. Christoph Graf von Schrattenbach | Hieronymus Graf von Colloredo (letzter regierender Fürsterzbischof)

Sigmund Christoph Graf von Waldburg zu Zeil und Trauchburg (Administrator) | Leopold Maximilian Graf von Firmian (Administrator) | Augustin Johann Joseph Gruber | Friedrich Johannes Fürst zu Schwarzenberg | Maximilian Joseph von Tarnóczy | Franz Albert Eder | Johannes Evangelist Haller | Johannes Baptist Katschthaler | Balthasar Kaltner | Ignatius Rieder | Sigismund Waitz | Andreas Rohracher letzter titul. Fürsterzbischof

Erzbischöfe
Eduard Macheiner | Karl Berg | Georg Eder | Alois Kothgasser | Franz Lackner

Normdaten (Person): GND: 133598268 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 11040108 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Berthold von Wehingen
KURZBESCHREIBUNG Bischof von Freising
GEBURTSDATUM um 1345
GEBURTSORT bei Wien
STERBEDATUM 1410
STERBEORT Wien